(Greiz/11.04.2025) Unsere Redaktion erreichten zahlreiche Anfragen genervter Fahrzeugführer, warum in aller Welt Greiz durch Baustellen verkehrstechnisch von der Außenwelt quasi „abgeschottet“ wird? Die ausgewiesenen Umleitungen sind heftig. Industrie und Handel wissen z.T. nicht mehr, wie ihre Lieferanten sie mit überschaubaren Aufwand erreichen können. Wir haben beim Landratsamt nachgefragt.

Positiv: Anfrage wurde von der Pressestelle des Landratsamtes Greiz sehr schnell beantwortet
Das Positive vornweg: Unsere Presseanfrage wurde seitens der Pressestelle des Landratsamtes sehr schnell beantwortet. Via E-Mail wurde am 10.04.2025 um 15:27 Uhr die Anfrage versandt. Die Antwort des Landratsamtes Greiz ging am 11.04.2025 um 11:59 Uhr bei unserem Chefredakteur ein. Inhaltlich kamen wir uns ein bisschen vor wie bei der Bundespressekonferenz: Dort wird viel geredet, aber meistens nichts gesagt (im Sinne einer inhaltlichen Antwort auf die eigentliche Frage).
Antwort Frage 1 lautet: Such Dir´s selbst. Oder: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.
Diese etwas ketzerische Überschrift bringt unsere Gefühlslage beim lesen der Antwort am besten auf den Punkt. Denn die Antwort aus der Pressestelle lautet schlicht: „Gerne verweisen wir auf das Sperrinfo-System Thüringen, das auf der Internetseite des Landratsamts verlinkt ist. Ebenso verweisen wir auf die einschlägigen Pressemitteilungen des Landratsamts.“ Aha. Bürgernahe Verwaltung sieht anders aus. Denn kaum ein Bürger wird die Zeit haben, dort zu suchen.
Unsere Fragestellung wurde offenkundig nicht verstanden. Sie zielte darauf ab, in diesem Artikel den Fahrzeugführern hier einen „Überblick“ zu geben, was verkehrstechnisch in unserem Landkreis gerade abgeht. Und das ist nicht wenig.
Antwort Frage 2: Lange Planungsläufe und offenkundig kaum Terminkoodinierungen?
Die Antwort fiel umfassender aus: „Der Planungshorizont von Straßenbaumaßnahmen ist in Abhängigkeit von Planungsabläufen, Mittelbereitstellungen, Genehmigungsverfahren, erforderlichen Vergabeverfahren sehr unterschiedlich und beläuft sich auf ca. bis zu einem Jahr, soweit nicht die Leistungsphasen 1-3 nach HOAI mit betrachtet werden. Da können sich Planungsdauern je nach Vorhaben aus den unterschiedlichsten Gründen über mehrere Jahre erstrecken. Darüber, wann Straßenbaulastträger mit den ersten Planungsschritten beginnen, liegen dem Landratsamt üblicherweise die entsprechenden Informationen nur im eigenen Wirkungskreis vor, also nicht auf Bundesstraßen.“.
Die Planungshorizonte sind tatsächlich so lang. Allerdings irritiert uns speziell der letzte Satz. Als es die Straßenverkehrsbehörde (StVB) in der Stadt Greiz noch gab, fanden dort regelmäßig Abstimmungsrunden mit den unterschiedlichen Straßenbaubehörden (StBB) sowie den Versorgungsträgern (Strom, Gas, Telekom, Straßenbeleuchtung usw.) statt. Nach uns vorliegenden Informationen waren diese Besprechungsrunden nicht immer vergnügungssteuerpflichtig, prallten doch dort unterschiedliche Interessen- und Finanzlagen aufeinander. Dennoch gelang es häufig, dass sich Versorgungsträger auf den Bau einer Straße verständigten und die StBB aus Gera und Plauen ihre Maßnahmen ebenfalls abstimmten.
Gemeint war mit dieser Frage nicht der Beginn oder Verlauf der Planungen. Sondern die konkreten Abstimmungen zwischen den Straßenbaubehörden („Straßenbauamt Gera“- heute TLBV – bei Bundes- und Landesstraßen, das Landratsamt bei Kreisstraßen sowie die Tiefbauämter der Gemeinden und Städte auf den Gemeindestraßen) sowie der Polizei und der Straßenverkehrsbehörde des Landkreises Greiz. Und zwar konkret zu den Bauzeiten (Beginn/Ende) und den Umleitungen (inklusive etwaiger Baustellen auf den Gemeindestraßen). Haben wir uns unglücklich ausgedrückt oder will sich die Verwaltung nicht in die Karten schauen lassen?
Ergebnis Frage 3: Wir sind genauso schlau wie vorher
Die Antwort lautet konkret: „Baumaßnahmen mit Sachsen gibt es lediglich eine (B92). Diese wurde durch die sächsische Seite angeordnet und koordiniert.“. Die ist sicher nicht falsch. Beantwortet aber nicht die Frage, warum die Kreisstadt aktuell quasi aus allen Richtungen „zugesperrt“ wurde. Dazu nachfolgend etwas vertiefender unsere Betrachtung dieser Antwort.
Kurze Antwort zu Frage 4: Keine Kollisionen. Ob das alle Fahrzeugführer so sehen?
Ob die Antwort: „nein, Kollisionen gibt es keine. Es gibt allenfalls temporäre Zusammenführungen von Umleitungsstrecken“ die von Umleitungen betroffenen Fahrzeugführer so sehen, halten wir zumindest für fraglich. Schreiben Sie uns doch dazu mal einen Leserbrief! Machen wir doch die Probe auf´s Exempel, wie man Greiz derzeit über das klassifizierte Straßennetz der Bundes- oder Landesstraßen erreichen könnte.
Weida, Bundesstraße B 92: Eigentlich bleibt man schon sprichwörtlich in Weida stecken- so wie mancher Lkw- Fahrer. Denn dort wird das Gerüst unter dem Viadukt notwendigerweise „aufgestockt“- was eine Vollsperrung der B 92 erfordert. Für den Pkw-Verkehr und Kleintransporter wäre Weida´s Altstadt zwar frei. Was aber ist mit den größeren Lieferantenfahrzeugen?
Greiz, Bundesstraße B 92: Eine der Hauptrouten, der sogenannte Gommaler Berg: zu. Straßensanierung ist ohne Frage wichtig. Aber alles zur gleichen Zeit? Hallo? Noch jemand munter in der Straßenverkehrsbehörde Greiz?
Elsterberg/ Greiz- Bundesstraße B 92: Vollsperrung zwischen dem sächsischen Elsterberg und der thüringischen Landesgrenze. Dafür kann die Straßenverkehrsbehörde Greiz erst mal nichts. Aber man muss doch mutmaßen, dass es moderne Telekommunikation zwischen zwei Straßenverkehrsbehörden in Sachsen und Thüringen nicht gibt. Angesichts stetig steigender Lebensmittelpreise wurden offenbar auch die alternativ vorhandenen Brieftauben abgeschossen? Wir kennzeichnen diesen Beitrag angesichts aktueller Rechtsprechung vorsorglich mit *Ironie off*. Fakt ist: Die ausgedachte „Umleitung“ funktioniert nur semi-professionell. Denn anders als Beamten sitzen Lkw-Fahrer sowohl Disponenten wie auch die Zeit im Nacken. Da werden dann schon mal „Schleichwege“ genutzt. Sehr zum Unmut der Anwohner und der Gemeinden als Straßenbaubehörden.
Reichenbach/ V. – Bundesstraße B 94: Sperrung Elsterberg? Pah, fahre ich halt über Kleingera bis zur Autobahn A 72 und dann an der Abfahrt Reichenbach wieder runter. Super Idee. Wenn sie denn funktionieren würde. Denn die B 94 in Richtung Greiz ist ebenfalls gesperrt wegen Fahrbahnsanierung.
Teichwolframsdorf- Landesstraße: Nun könnte wer auf die Idee kommen, über die A4 bis Ronneburg zu fahren. Dann dort runter und über Seelingstädt weiter nach Teichwolframsdorf und dann nach Greiz. Schlechte Idee. Ganz schlechte Idee. Denn auch dort hat die Straßenverkehrsbehörde Greiz dafür gesorgt, dass Lkw- Fahrer ihre Lenk- und Ruhezeiten einhalten können. Vor allem letztere- für länger.
Daneben gibt es dann noch Baustellen der Gemeinden auf dem eigenen Straßennetz in ihrem Gemeindegebiet. Zum Beispiel in Langenwetzendorf. Aber hey, laut Pressesprecher halb so wild. Es gibt aussagegemäß „keine Kollisionen“. Kartenkunde ist nach unserem Wissen Lehrstoff in der Grundschule. War da keiner oder war man einfach nur Kreide holen? O.k., das war jetzt sehr ketzerisch formuliert. Denn eigentlich würde man bei der Fehlersuche auf einen einzigen Punkt stoßen: mangelnde Kommunikation. Mitdenken wäre natürlich auch nicht schlecht, zumindest beim Abstimmen der Zeitschienen für Baumaßnahmen.
Antwort Frage 5: Standardverfahren werden eingehalten
Klare Antwort der Pressestelle: „Es gehört zu den üblichen und auch hier angewendeten Standardverfahren, alle Entscheidungsträger umfassend anzuhören und einzubinden.“. Nachprüfen lässt sich dies von unserer Seite zunächst nicht. Vielleicht bietet das Thüringer Transparenzgesetz noch Optionen? Denn angesichts der oben genannten Auflistung drängt sich nicht der Eindruck auf, dass „alle Entscheidungsträger umfassend angehört und eingebunden“ wurden. Das geht besser, liebes Landratsamt!
Antwort Frage 6: Die Straßenverkehrsbehörde muss nur davon wissen
Umfassende Antwort: „Es ist üblicher Bestandteil der Ausschreibungen der Baulastträger wie auch der verkehrsrechtlichen Anordnungen der Straßenverkehrsbehörde, die Inhaber der verkehrsrechtlichen Anordnungen zu beauflagen, angemessene Maßnahmen zur Erreichbarkeit insbesondere gewerblich genutzter Grundstücke zu ergreifen. Sollten Beschwerden eingehen, werden sie selbstverständlich geprüft. Sollte gegen verkehrsrechtliche Anordnungen verstoßen worden sein, werden die gebotenen rechtlichen Schritte ergriffen. Im Übrigen führt die Straßenverkehrsbehörde regelmäßig Kontrollen auf Einhaltung der verkehrsrechtlichen Anordnungen durch.“. Gehen wir recht in der Annahme, dass die Straßenverkehrsbehörde schnell und unkompliziert hilft? Auch hier würden uns konkrete Meinungen von Betroffenen interessieren. Dafür gibt es bei uns die Rubrik „Leserpost“.
Antwort Frage 7: Bestenauslese. Kreistagsmitglieder bleiben „draußen“.
Hier antwortet die Pressestelle kurz und schmallippig: „Die Stelle Leiter Straßenverkehrsbehörde wurde mit Ausschreibung 2024/54, 2024/79 und 2024/104 am 5. 4., 11. 6. und 14. 8. 2024 öffentlich ausgeschrieben. Die Stellenvergabe erfolgte im Rahmen der Bestenauslese als Angelegenheit der laufenden Verwaltung. Eine Mitwirkungspflicht des Kreistages ist mithin nicht gegeben.“. Das war nicht unsere Frage. Die bezog sich nämlich auf die verwaltungs-/rechtliche Expertise des Stelleninhabers.
Laut unseren Informationen wurde ein ehemaliger Landtagsabgeordneter der FDP im Landratsamt Greiz eingestellt.* Dem wurde hier auch nicht widersprochen. Ob die Kreisräte bezüglich der Personalentscheidung tatsächlich keine sogenannte „Befassungskompetenz“ hatten oder haben, können diese selbst ermitteln. Ein Blick in die Hauptsatzung bzw. Geschäftsordnung des Landkreises i.V.m. den Stellenplan des Doppel- Haushaltes (HH) 2025/26 sollte hier hinreichend Aufschluss geben.
* Änderung aufgrund Gegendarstellung des Landrates Dr. Ulli Schäfer (CDU):
Die oben kursiv ausgeführte Textpassage wurde aufgrund eines Gegendarstellungsanspruches von Landrat Dr. Ulli Schäfer (CDU) geändert. Die zu korrigierende Textpassage lautete: „...wurde durch Landrat Dr. Schäfer (CDU) ein Landtagsabgeordneter/ Kreistagsmitglied der FDP eingestellt. Nachdem das Volk ihn zuvor in beiden Gremien abgewählt hatte und nun ein „Ex-“ vor die politischen Mandatsbezeichnungen des Liberalen gehört.“
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